Anläßlich des Erntedankfestes in Pahren hatte der Geschäftsführer René Kolbe ein hochkarätiges Plenum zur traditionellen Diskussionsrunde eingeladen.
Zu den Gästen zählten:
- Ulli Schäfer - Landrat Landkreis Greiz
- Martina Schweinsburg - ehem. Landrätin und Abgeordnete Kreistag
- Gerd Hallbauer - Kreisvorsitzender Bauernverband
- Kai Dittmann - Bürgermeister Langenwetzendorf
- Frank Augsten - Landtagsabgeordneter
- Heike Bergmann - Bürgermeisterin Zeulenroda
- Giesbert Voigt - LEADER, Dorferneuerung
- Elisabeth Kaiser - Mitglied des Bundestages
- Falk Lautenschläger - DKB
Die einleitenden Worte von René Kolbe umrissen den Fragenkatalog, der den örtlichen Unternehmen Sorge bereitet. Folgende Themen wurden zur Diskussion gestellt:
- Bürokratieabbau
- Grundsteuer
- der Wolf
- erneuerbare Energien – z.B. Biogas (wie geht es weiter?)
- Wald und Wiederaufforstung
- Nahverkehr
- Vereinsleben auf dem Lande
- Mindestlohn und Arbeitszeitgesetz
Frau Martina Schweinsburg ergriff als erste das Wort und bezeichnete diese Themen als einen „bunten Eintopf“ von berechtigten Problemen, die es gilt richtig zu „würzen“.
An erster Stelle steht die Frage, was kann man erwarten?
Das Schlagwort Bürokratieabbau wird auch gern auf Bundesebene in den Mund genommen. Jedoch werden viele Beschlüsse von der EU vorgegeben, und die deutsche Gründlichkeit führt dann zu Überregulierungen in Deutschland. Man muß wieder Vertrauen gewinnen in die Regularien und vor allem dadurch, daß die Beschlüsse auch verläßlich und auf Dauer angelegt sind, um Planungssicherheit zu bekommen.
Ein weiteres Problem, das Frau Schweinsburg ansprach, war die falsche Darstellung der Landwirtschaft in den Medien – Landwirte sind keine Umweltvergifter. Die Landwirte gehen verantwortungsvoll mit der Ressource Umwelt um und sorgen dafür, daß für alle Bürger in Deutschland die Tische reich gedeckt sind.
Als gelernte Zootierpflegerin vertrat Frau Schweinburg auch die Meinung, daß es endlich genug ist mit neuen „Tierstreichelgesetzen“. Das führte letztlich auch zu einem Abbau der Milchkuhbestände, da die neuen Standards nicht alle Landwirtschaftsbetriebe finanziell stemmen können.
In ihrer neuen Aufgabe als Landtagsabgeordnete und mit den Kenntnissen als langjährige Landrätin gab sie das Versprechen ab, sich im Landtag dafür einzusetzen, daß die Probleme der Landwirte Gehör finden.
Ergänzend zu den Tierschutzforderungen teilte René Kolbe mit, daß zur Zeit für 200 Milchkühe in Muntscha eine Investition von 4 Millionen Euro in eine neue Anlage getätigt werden. Und das ist auch eine Investition in die Zukunft, denn alte Kühe und neue Hühner sind die besten Geldverdiener.
Als Abgeordneter des BSW ergänzte Dr. Augsten, daß die CDU und auch das BSW in Thüringen sehr viele gemeinsame Schnittmengen haben, was den Bürokratieabbau, die Digitalisierung und den fehlenden Mut in der Verwaltung betrifft, auch einmal Fehler zu machen. Gerade Letzteres führt dazu, daß man sich selbst zu viel hinterfragt und damit Entscheidungen zu lange vor sich herschiebt.
Dr. Augsten will sich für einen Dialog zwischen den Parteien einsetzten, um die Sachfragen konsequent zu lösen.
Dr. Schäfer mahnte an, man solle miteinander und nicht übereinander reden. Er hat seit Amtsantritt versucht, mit vielen Bürgern und Institutionen ins Gespräch zu kommen, um die aktuellen Probleme zu erfahren. Aber Vieles wird nicht im Kreis entschieden. Auch die Kreisverwaltung leidet unter zunehmender Bürokratie. Ein 25-seitiges Statistikpapier ist zu viel. Und er forderte, Arbeit muß sich wieder lohnen.
Auch die Bürgermeisterin von Zeulenroda, Frau Bergmann, ist neu im Amt. Sie kritisierte, daß man als Kommune das letzte Glied in der „Nahrungskette“ ist. Entscheidungen fallen in vielen Fällen an einem anderen Ort. Auch wenn es schmerzlich für die Bürger ist, die Stadt braucht die Grundsteuer um handlungsfähig zu bleiben.
Den Bürgermeister von Langenwolschendorf, Herr Voigt, treibt die Sorge um, wie kann man den ländlichen Raum attraktiver gestalten. Er ist seit 2010 ehrenamtlicher Bürgermeister und zur Zeit Vorsitzender der RAG Greizer Land und hat sich oben erklärtes Ziel auf die Fahne geschrieben. Gute Ideen werden gern gefördert.
Frau Kaiser, seit 2023 Bundestagsabgeordnete, fragt sich, was kann Berlin für den ländlichen Raum machen? Der Landwirt wird gebraucht sowohl für den Umweltschutz und auch für die Ernährung. Es ist ein Spagat zwischen dem Erhalt qualitativ hochwertiger landwirtschaftlicher Produkte und dem Erhalt landwirtschaftlicher Betriebe. Beides muß mit Augenmaß in Einklang gebracht werden.
Ziel sollen gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land sein, auch wenn man derzeitig weit davon entfernt ist.
Es gibt mittlerweile das 4. Bürokratie-Entlastungsgesetz, die Spürbarkeit vor Ort ist jedoch marginal.
René Kolbe machte an dieser Stelle den Einwurf, daß das ehemalige Förderprogramm „Landaufschwung“ einfach, unbürokratisch und effektiv war – warum wird es nicht wieder neu aufgelegt? Es gibt leider immer noch viel zu viele Absichtserklärungen ohne durchschlagende Wirkungen.
Frau Schweinsburg ergänzte, daß wir eine neue Kultur der Fehleranalyse benötigen. Es werden bei Fehlern immer nur die Schuldigen gesucht, anstatt daraus zu lernen. Sie zitierte Eleanor Roosevelt mit den Worten: Man muß aus den Fehlern anderer lernen, das Leben ist zu kurz, alle Fehler selber zu machen! Wir sollten urteilen ohne zu verurteilen.
Gerd Hallbauer vom Bauernverband forderte, daß die Bioenergie als regulierbare und grundlastfähige Energiequelle wieder stärker gefördert werden sollte. Für viele Anlagen laufen die 20-jährigen Förderungen aus. Er bekräftigte noch einmal, daß die Bauernproteste Anfang des Jahres gut und richtig waren, läßt aber die Frage nach dem Nutzen offen.
Zu guter Letzt äußerte sich Herr Lautenschläger noch zu der Frage von Investitionen und konstatierte, daß die Bürokratie auch vor den Banken nicht Halt macht. Das führt zu weniger Investitionen und ein stagnierendes Produktionswachstum.
Das Fazit von René Kolbe war, daß es eine sehr angeregte und konstruktive Diskussion war. Er stellte beruhigend fest, daß der Landkreis mit Frau Schweinsburg und Dr. Augsten sehr gut im Thüringer Landtag vertreten ist. In seinem Appell mahnte er jedoch die fehlende Verläßlichkeit von Zusagen an.
Man muß im Gespräch bleiben. Bezüglich Bürokratie befinden wir uns augenblicklich in einem Sumpf. Es fehlt an Anreizen zum Arbeiten. Er fordert – weg von Quoten – mehr Selbstregulation durch den Markt. Landwirte sollten stärken in den Gremien vertreten sein.
Er schloß die Diskussion mit den Worten des Bayrischen Bauernpräsidenten (1991 – 2012) Sonnleitner ab: Landwirtschaft ist etwas für die Mutigen.
Pahren; Oktober 2024